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Ein Jahrzehnt wird besichtigt II … Dezember 14, 2009

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Der 11. September

Was der Welt zum Millenium erspart geblieben war, die große Katastrophe, kam mit 21 Monaten Verspätung. Spätestens als am 11. September 2001 in das World Trade Center in New York krachte, war die Welt eine andere. Seither gilt dieses Datum nicht als Synonym für den verheerendsten Terroranschlag der Geschichte, sondern auch als Sinnbild für eine völlig neue Dimension des Krieges und der Ideologien.

Krieg im 21. Jahrhundert wird – das zeigt der 11. September genauso wie die folgenden Anschläge von London und Madrid –  nicht mehr auf dem Schlachtfeld und nicht mehr notwendigerweise mit und gegen Soldaten geführt. Zum Objekt terroristischer Zerstörungswut kann jeder Passant werden und vielleicht ist genau das, was den Terror so mächtig macht – die kollektive Angst. Der „Neue Krieg“, von dem man nicht einmal mehr genau weiß, ob es eigentlich ein Krieg ist, bedarf keiner Kriegserklärung mehr, er geschieht durch Unterwanderung und Überraschung.

Gleichzeitig schafft der 11. September endlich wieder etwas, worauf der Mensch in seinem Schwarz-Weiß-Denken nach dem Zusammenbruch des Kommunismus sehnsüchtig gewartet hat: die klare Rollenverteilung von Gut und Böse sowie klare Feindbilder. Der neue Feind des Westens ist nicht rot, sondern trägt einen langen Bart und betet fünfmal am Tag. Diese Einteilung der Welt schlägt sich nieder im mittlerweile geflügelten Wort „Achse des Bösen“ (George W. Bush) und mündet in Kriege in Afghanistan und Irak, die sich als Fass ohne Boden erweisen.

Insofern ist der Fortgang der „ideologischen Evolution“ (Fukuyama, der mit dem „Ende der Geschichte“) der Menschheit auch ein Rückschritt in vergangene Zeiten. Denn die Renessaince der Religion als politisches Mittel weckt Erinnerungen an die Kreuzzüge des Mittelalters, die ebenso wenig Erfolg hatten wie Bushs Invasionen. Dabei steht dem (militanten!) Islam gar nicht unbedingt das Christentum als Religion gegenüber, sondern eher das Demokratiebewusstsein der liberalisierten, westlichen Gesellschaft. Und immer wieder steht diese Gesellschaft vor dem Spagat, ihr Gebot der Toleranz mit ihren (berechtigen und unberechtigten) Vorurteilen über die neuen Feinde des Abendlandes zu vereinbaren. Dies sind die Pole, zwischen denen sich die Konflikte unserer Zeit abspielen.

Womöglich fehlen mir Zeit und Intelligenz, all die weiteren Implikationen des 11. September aufzuzeigen. (Dies mögen jene tun, deren Beruf es ist. Oder der aufmerksame Leser für sich selbst oder in den Kommentaren.) Kurz zu nennen wären hier der immense Ansehensverlust der USA, eine Stimmung zwischen Islamophobie und übertriebener Rücksichtnahme, die Beteiligung Deutschlands, der Sicherheitswahn allerorten, die Schande von Guantanamo und den übrigen Folterstätten.

Auch wenn ich mir Prognosen im eigenen Interesse verkneifen wollte: vom 11. September 2001 wird sich diese Welt noch lange nicht erholen. Möglicherweise begann an diesem Tag eine neue Epoche der politischen Weltgeschichte.
(PS- Wenn oben vom Islam negativ die Rede ist, gilt das immer für den militanten Islam. Gleichwohl haben o.g. Ereignisse zu einem generellen Misstrauen gegenüber dem Islam bzw. den Moslems geführt, was auch teilweise verständlich ist.)

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